Wo sind wir in einem Jahr ?

Beispiel 5: Helmut Lachenmann, Schreiben, T. 256o-263d, koordinierte Zeitartikulation in den dirigierten Takten 257-262, ›amorphe‹ Zeitartikulation zuerst von Zähltakt six (›Posaunenkadenz‹; vgl. 257 bis Anfang Zähltakt six (T. Zähltakt 1 lässt sich insgesamt als eine Artwork Pizzikato-Feld beschreiben: Die übrigen Streicher spielen neben vereinzelten Arco-Spielaktionen verschiedene Pizzikato-Varianten, und in den Trompeten und Flö10 erzeugen Schläge aufs Mundstück pizzikatoartige Impulsklänge ohne Resonanz (»quasi ›pizz.‹«). Das Rauschen in den Streichern wird selbst kontinuierlich transformiert: durch wechselnde Instrumentierung innerhalb der Streicher und/oder durch verschiedene Varianten von tonlosem Streichen. Geräuschhafte Tenuto-Klänge in den Blechbläsern und daran unmittelbar anknüpfende schattenhafte Klangfolgen in den Klarinetten zeichnen sich zwar insbesondere dynamisch deutlich gegenüber dem Rauschen in den Streichern ab, sind aber zugleich mit diesem klanglich verwandt (Familie der geräuschhaften bzw. schattenhaften Tenuto-Klänge). Es1 bis C1, und in den Takten 46 bis 48 spielen die Violoncelli 5 bis eight dazu ein ›sphärisches Aufwärtsglissando‹ im Tremolo, das aus einer komplexen Klangmischung aus geräuschhaften, schattenhaften und tonhaften perforierten Klängen hervorgeht.

Mit diesen schattenhaften Klangfolgen überlappend beginnt bereits mittig von Takt 8 synchron das kontinuierliche Rauschen in den Streichern, das sich früh aus tonlosen und schattenhaften Klangkomponenten zusammensetzt. Ab Takt 219 deutlich wahrnehmbar werden dann Auflösungsprozesse auf mehreren Ebenen eingeleitet, die mit Beginn von Tempoabschnitt three.2 (T. In dem nun folgenden kurzen ›Rausch-Intermezzo‹ des Tempoabschnitts 3.2 (T. Hintergrundklangschicht. Mit Beginn von Zähltakt one (T. Ende von Zähltakt two (T. Besonders deutlich wird die amorphe Zeitartikulation in der ›Posaunenkadenz‹ in Zähltakt 6 (T. Partiturkenntnis die genaue kompositorische Realisierung der koordinierten Zeitartikulation nicht immer eingehend nachvollziehbar ist bspw. eingangs des Stückes (vgl. Bsp. Beispiel four: Helmut Lachenmann, Schreiben, T. 40-fifty four, Ende des ›Tremolo-Orgelpunkts‹, komplexer Mischklang am Übergang zu Stage 1c (vgl. Audiobsp. Beispiel two: Helmut Lachenmann, Schreiben, T. 230-238, Ende des Auflösungsprozesses vor Beginn des ›Rausch-Intermezzos‹ (T. Beispiel one: Helmut Lachenmann, Schreiben, T. a hundred and five-113, Übergang von Formteil 1 zu two (vgl. Audiobsp. Beispiel three: Helmut Lachenmann, Schreiben, T. one-6 (ohne Schlagzeug) (vgl. Audiobsp.), wobei zeitgleich ein einzelner Beckenschlag (»l.v.«) erklingt, der eine subtile klangliche Verbindung zur ersten Klangkonstellation herstellt. Der Übergang von Section 1a zu Stage 1b lässt sich als eine ›kategoriale Transformation‹ beschreiben: Das kontinuierliche Rauschen überlappt sich hiermit ›vorgezogenen Einsatz‹ des Orgelpunkts in den Violoncelli in Takt 26, der mit einem einzelnen abgedämpften Beckenschlag synchronisiert ist.

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Geschehen auf ein quasi statisches, tonloses Rauschen reduziert, hervorgerufen durch tonloses Spiel in den Streichern und durchsetzt von einzelnen abgedämpften Beckenschlägen im pp. Dabei spielen insbesondere Varianten von ›Schreib‹-Klängen bzw. Reduktionen auf kontinuierliche Klangschichten oder Tenuto-Klänge in den Streichern (hier leere c-Saite bzw. tonloses Rauschen) eine wichtige rolle. Diesen divergierenden kompositorischen Strategien (Kontinuität, Diskontinuität, Vernetzung) entsprechen unterschiedliche Hörperspektiven, die miteinander ›konkurrieren‹ bzw. einer dem anderen und umgekehrt ergänzen. Schreiben ausmachen? Als ein zentrales ›Formproblem‹ von Schreiben sehe ich den Balanceakt im Spannungsfeld zwischen Kontinuität, Diskontinuität und Vernetzung und damit zwischen prozessualer, serieller und struktureller Formkonzeption an. So bestehen also trotz des deutlich markierten formalen Einschnitts auch abgesehen von der kontinuierlich fortgeführten Hintergrundklangschicht in den Bratschen Rückbezüge auf zuvor Erklungenes entsprechend einer wiederanknüpfenden Vernetzung. Mit Beginn des neuen Formteils in Takt 111 initiieren die Bratschen eine sich von unten nach oben auftürmende Klangkaskade mit gestaffelten Höhepunkten (unter Beteiligung aller Instrumentengruppen bis aufs Schlagzeug). Klangkonstellation three: Gemäß Perspektive beginnt die dritte Klangkonstellation entweder hierbei Einsatz des Streicher-Rauschens im zentrum von Takt eight oder erst in dem Augenblick, in dem das Rauschen alleine penzu.com/p/f6c30faf erklingt. Die zweite Klangkonstellation endet hierbei Ende einer Spielfigur in den Trompeten (T.

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Zwei Klangkonstellationen lassen sich hier voneinander differenzieren: Die erste Klangkonstellation wird von einer crescendierenden tonhaften Tremolo-Figur in den Streichern (T. Klangkonstellation one: Takt one-seven.one.1 (Tbe.) (Audiobsp. Ab Takt 8 bildet das überwiegend geräuschhafte Rauschen in den Streichern eine kontinuierliche Klangschicht, die durch subtile Klangtransformationen sowie durch verschiedene Spielaktionen in anderen Instrumenten in ihren klanglichen Facetten beleuchtet wird. Der Übergang zwischen noch fortdauerndem Auflösungsprozess und schließlich erreichter Reduktionsstufe in Takt 235ff. ist in der Partitur auffallend, ereignet sich fileür die Wahrnehmung jedoch unterschwellig (Bsp. Phase 1a (›Prolog‹) ist nun gar durch geräuschhafte und schattenhafte Klänge geprägt; tonhafte Klänge treten nur vereinzelt auf, und wenn, dann so durch Spielanweisungen modifiziert oder durch andere Klänge kontextualisiert, dass sie auch eher als schattenhaft wahrgenommen werden (vgl. Bsp. In den geräuschhaften Tenuto-Klang der phonetischen Aktion hinein setzt komplex rhythmisiertes ›tonloses Spiel‹ in den Klarinetten und später Trompeten ein; beides ruft eine schattenhafte Tonhöhenfärbung hervor.

›sphärische Aufwärtsglissando‹ zielgenau zu dem sff- bzw. ›file‹-Ansatz dieses geräuschhaften Tenuto-Klangs. In diesem Kontext ermöglicht die Enthierarchisierung zwischen Geräuschklängen und Klängen mit bestimmten Tonhöhen eine grundsätzliche Erweiterung des Horizonts bzw. eine ›Befreiung der Wahrnehmung‹ aus kulturellen Konventionen, welche normativ festlegen, was als musikalisches Content gilt. Dies wird in Schreiben wie in Lachenmanns Musik generell auch dadurch besonders sinnfällig, dass die Integration von Geräuschklängen als musikalisches Materials im Rahmen eines überwiegend traditionellen Instrumentariums sowie traditioneller Aufführungsformen stattfindet. In den Zähltakten four, 5 und 6 verwendet Lachenmann zusätzlich eine sogenannte ›Zeitfeld‹-Notation, die mithilfe von Klammern und horizontalen Balken einen Zeitrahmen markiert, innerhalb dessen der genaue Einsatzpunkt von impulshaften Spielaktionen unter Beibehaltung des jeweiligen Bezugstempos offen bleibt (vgl. Bsp. Abschnitte untereinander verbunden sind, bringt Lachenmann ein Instant von zeitlichem Indeterminismus ins Spiel, das eine überwiegend amorphe Zeitartikulation verursacht. Passage als zusammenhängend erleben lässt, hat die Arbeitsweise der Zeitartikulation erhebliche Auswirkungen auf die Formwahrnehmung insbesondere auf einer mittleren formalen und makroformalen Ebene.